Der Falkenhof Potsdam stellt sich vor
Bonny und Clyde riechen auf sieben Kilometer eine Leiche, Alina wiederum erkennt auf zwei Kilometer eine Maus. Dafür ist Paula mit 220 Stundenkilometer unterwegs und Freund Willi hört zehn mal besser als Isabelle.
Isabelle kann eigentlich sehr gut hören, aber gegen „Willi“ hat sie keine Chance.
Heute hat sie ihren zehnten Geburtstag und feiert ihn mit ihren Freundinnen und den Truthahngeiern „Bonny und Clyde“, dem stolzen Steppenadler „Alina“, der flotten Saker-Falkin „Paula“ und dem geräuschlos herbei fliegenden Uhu „Willi“.
Ihre Eltern haben ihr und ihren Freundinnen einen Ausflug mit Flugvorführungen imposanter Greifvögel in der Falknerei „Falkenhof“ auf den Ravensbergen im brandenburgischen Potsdam geschenkt. Bei Kaffee, Tee und Kuchen sitzen sie nun draußen auf langen Holzbänken und Holztischen, essen und trinken und warten auf den Beginn der Vorstellung.
Falknerin und Geschäftsführerin des Falkenhofes Ilka Simm-Schönholz steht in grüner Jagdkleidung vor ihnen und erklärt, daß es sich hier nicht um Kuscheltiere handelt, auch wenn sie sich schon an die Menschen gewöhnt haben. Man sollte ihnen mit einem gesunden Respekt begegnen und nicht vergessen, daß der Jagdinstinkt ihnen angeboren ist. Sie bittet die Kinder nicht laut zu rufen und keine hektischen Bewegungen zu machen.
Sie erzählt, daß man allen Vögeln Namen gegeben, die ihnen in etwa entsprechen. Manchmal wohl auch auf die ironische Art, vermute ich.
„Bonny und Clyde“, die Truthahngeier zum Beispiel stammen von Artgenossen, die in einem österreichischen Pilotprojekt für die Kriminalistik mit ihrem enormen Geruchssinn Leichen suchen. Beide wurden in Wien gekauft und dann zum Falkenhof gebracht.
Das ganze Areal liegt idyllisch an einem Waldrand gelegen, rechteckig eingezäunt mit einem kleinen Mäuerchen aus bearbeiteten Granitsteinen. Im Hintergrund eine liebevoll geplante und mit verschiedenartigen Felsquadern gemauerte historisch anmutende Ruine mit einem Türmchen.Direkt am Waldrand die Volieren der Vögel.
Inzwischen stehen die Tierpflege-Lehrlinge Vanessa und Nadin, mit dicken Lederhandschuhen an der linken Hand gepolstert, in dem Areal. Jede hat einen Falken auf dem Arm. Die Chefin steht mit dem Rücken vor den Kindern und macht eine Handbewegung in die Luft. Vanessa wirft ihren Falken gekonnt in die Luft und nach einigen blitzschnellen und zielsicheren Flugeinlagen auf ein von Simm-Schönherr am Band geschleudertes Päckchen als Beute setzt sich der schlanke, schöne Lannerfalke „Kira“ auf den Lederhandschuh und läßt sich füttern.
„Dieser Falke kann mit einer Geschwindikeit von 220 Stundenkilometer fliegen, im Sturzflug auf die Beute können es bis zu 340 Stundenkilometer werden. Futter aber …“ gibt sie zu bedenken “… gibt es erst nach der Vorführung, ein satter Vogel fliegt nicht freiwillig.“ Die Kinder grinsen.
Mäuse und Küken werden dem Falkenhof tiefgefroren geliefert.
Kira bekommt heute Küken.
Vanessa nimmt der Chefin während ihres Vortrages den Lannerfalken ab und zeigt ihn nun den Kindern von Nahem. Mit ein wenig Vorsicht, dann aber mit genug Neugierde und ohne Angst schauen sich die Kinder den wunderschönen Vogel an.
Sakerfalke „Paula“ ist der nächste. Sakerfalken sind etwas größer als die Lannerfalken. Er zählt zu den beliebtesten Jagdfalken im Nahen Osten. Die Falknerin erklärt, daß bei den Falken die Weibchen immer größer sind als die Männchen.
Tierpflegerin-Lehrling Nadin ist im Hintergrund des Areals auf den steinigen Turm der Ruine gestiegen und hat einen größeren Greifvogel auf dem Arm. Die Chefin ist auf einen hölzernen dunklen Turm hinter den Kindern geklettert und winkt von der Brüstung mit dem linken Arm. Nadin wirft den Arm in die Lüfte und der weibliche Steppenadler „Alina“ startet flach über den Boden fliegend in Richtung des Holzturmes. Die Kinder ducken sich schon, da zieht Alina zwei Meter vor den Kinder gekonnt nach oben und landet mit ausgebreiteten Flügeln majestätisch auf dem linken Arm der Falknerin.
„Der Adler kann auf zwei Kilometer eine Maus erkennen. Die Krallen des Adlers sind so scharf, daß sie im Angriff den Schädel eines größeren Tieres durchschlagen können.“
Einige Kinder erschauern, einige zeigen Bewunderung.
Es gibt wieder Küken. Nach dreimal Hin- und Hergefliege zwischen den Türmen scheint Alina satt zu sein, sie wird wieder weggeführt.
„Jetzt möchte ich mit euch ein Experiment machen. Ihr schließt die Augen und spitzt die Ohren.Genau hinhören, ok? Also Augen zu! Alle! Keine Angst!“ Bis auf einige wenige die blinzeln haben alle die Augen Nach einer kurzen Weile, etwa sechs Sekunden: „Und jetzt die Augen wieder auf!“
Die Kinder machen die Augen wieder auf und sehen mit Erstaunen den großen Uhu „Willi“ bei der Falknerin auf dem Handschuh sitzen, die großen Flügel auf und zu klappend.
„Habt ihr was gehört? Nein! Die Eule fliegt geräuschlos, und packt dann die ahnungslose Beute im Flug. Um die Beute ausfindig zu machen benutzt sie ihr Gehör. Sie kann zehnmal besser hören als wir.“
Es folgen noch der bärtige Bartkauz „Ole“, der weibliche Waldkauz „Undine“ und das Gangsterpärchen „Bonny uns Clyde“ als Truthahngeier verkleidet.
Die Kinder sind begeistert, Mama strahlt und Papa sieht auch äußerst zufrieden aus.
Das Geburtstagskind Isabelle darf sich jetzt, wenn sie will, einen der Greifvögel aussuchen, daß er auf ihrer linken Hand Platz nimmt. Isabelle will. Sie hat sich für den besonders hübschen Waldkauz „Undine“ entschieden. Ihr wird der große, lederne Handschuh übergezogen, einige Verhaltensregeln erklärt und schon schaut sie Kauz Undine in die dunklen Augen.
Dann ein feines, dankbares Lächeln für Papa. Was für schöner, spannender Tag.
Ilka Simm-Schönholz beendet die Vorstellung wie immer mit dem Satz: „Wir schicken täglich unsere Vögel in die Freiheit und freiwillig kehren sie zu uns zurück.“
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